Wer kein Ehevertrag abgeschlossen hat, lebt in Deutschland in der Zugewinngemeinschaft. Dies bedeutet jeder Ehepartner hat sein persönliches Vermögen, aber derjenige dessen Vermögen in der Ehezeit durch Einkommen mehr angestiegen ist, muss dem anderen die Hälfte seines übersteigenden Zugewinns bei der Scheidung abgeben.
Der Zugewinn beruht auf dem Grundgedanken, dass während der Ehe die Vermögen der Ehepartner zwar getrennt sind, aber bei der Scheidung jeder Ehepartner von den erwirtschafteten Vermögenssteigerungen des Anderen profitieren soll .Also musst zuerst für jeden Partner die Vermögenssteigerung während der Ehezeit (Zugewinn) durch einen Vergleich von Anfangsvermögen und Endvermögen Ermittelt werden:
Zugewinn eines Ehepartners (§ 1378 I BGB)
=
Endvermögen (Vermögen zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrages (§ 1375 BGB)
–
Anfangsvermögen (Vermögen zum Zeitpunkt der Eheschließung + Vermögen aus Schenkungen und Erbschaften (§ 1374 I,II BGB). + Kaufkraftsteigerung (1376 I BGB).
Schenkungen und Erbschaften werden zum Anfangsvermögen zugerechnet (§1374 I,II BGB). Der Empfänger hat also einen geringeren Zugewinn und wird privilegiert. Dies beruht auf dem Gedanken, dass nur Vermögen, welches durch die Arbeit der ehelichen Wirtschaftsgemeinschaft angespart wurde ausgeglichen werden soll. Entsprechend sind nur Schenkungen privilegiert, die tatsächlich der Vermögensbildung dienten und nicht zum sofortigen Verbrauch bestimmt waren. Daher stellen zum Beispiel Schenkungen für eine Urlaubsreise kein privilegiertes Anfangsvermögen dar (OLG 17) , Schenkungen für ein behindertengerechtes Fahrzeug zum Transport des Sohnes dagegen schon (BGH 16)
Der Zugewinnausgleich entsteht, wenn die Ehe endet (Scheidung oder Tod) und somit die Zugewinngemeinschaft endet oder ein vorzeitiger Zugewinnausgleich beantragt wird. Der Zugewinnausgleich erfolgt automatisch, sondern muss ausdrücklich geltend gemacht werden. Kommt es zu keiner Einigung, kann der Zugewinn entweder als Folgesache zur Scheidung, oder isoliert in einem gesonderten Verfahren geltend gemacht werden. Tut er dies nicht verjährt der Anspruch 3 Jahre nach Rechtskraft der Scheidung, zusammen mit dem Auskunftsanspruch (BGH 18).
Jeder Ehegatte hat gegen den anderen einen Anspruch auf Auskunft über das Vermögen zu den Stichtagen (Anfangsvermögen, Trennungszeitpunkt, Zustellung des Scheidungsantrags) (§ 1379 BGB, §260 BGB). Die Ehepartner müssen einen geordnetes und systematisches Verzeichnis ihres Vermögens und Verbindlichkeiten zu den Stichtagen vorlegen. Hierin sind alle Vermögenspositionen konkret zu bezeichnen und mit einem Werk zu erfassen. Ist der Wert nicht bekannt, sind alle wertbildenden Faktoren (bei Immobilien: Größe, Lage, Art der Bebauung, Baujahr, Zustand; bei Fahrzeugen: Fabrikat, Baujahr, Kilometerstand, Unfälle, anzugeben. Die Auskunft ist mit Belegen nachzuweisen (§ 1379 Abs. I S. 2 BGB)
Inbesondere muss Auskunft über folgende Vermögenspositionen erteilt werden.
Es ist zu beachten, dass etwaige Gewinne , die durch die Veräußerung von Wertgegenständen nach Wertsteigerung gemacht werden, versteuert werden müssen. Diese Steuerlast ist wertmindernd beim Zugewinnausgleich zu berücksichtigen. Dies gilt auch wenn zum Zeitpunkt des Stichtages keine Veräußerungsabsicht besteht (BGH 11).
Die Zugewinngemeinschaft kann auch bereits vor Beendigung der Ehe beendet werden, wodurch der maßgebliche Stichtag für den Zugewinnausgleich vorverlegt wird . Die Ehe wird dadurch noch nicht beendet. Aber die Zugewinngemeinschaft wird beendet und es tritt sodann Gütertrennung ein. Der Antrag auf vorzeitigen Zugewinnausgleich ist möglich, wenn (§ 1385 BGB): …
Verstirbt ein Ehepartner und gilt die gesetzliche Erbfolge, bestehen für den überlebenden Ehegatten 2 Möglichkeiten seinen Zugewinnausgleich zu realisieren:
Erbrechtlicher Weg: Der gesetzliche Erbteil des überlebenden Ehepartners wird pauschal erhöht, womit der Zugewinnausgleich mit abgegolten ist. Die pauschale Erhöhung beträgt gegenüber Verwandten erster Ordnung (Kinder) 1/4. Der überlebende Ehegatte erhält in diesem Fall 1/4 als gesetzlichen Erbteil plus ¼ als pauschalen Zugewinn.Im Ergebnis erhält er die Hälfte des Nachlasses (§§ 1931, 1371 BGB).
Güterrechtlicher Weg: Er kann die Erbschaft auch ausschlagen. Dann kann er den berechneten Zugewinn fordern. Zusätzlich steht ihm noch der Pflichtteil § 2303 BGB zu.
Welche Weg günstiger ist lässt sich nicht pauschal sagen. Generell ist der erbrechtliche Weg bei einem hohen Vermögen (egal ob das Anfangsvermögen ebenfalls hoch war, oder dieser selbst Erbschaften erhalten hat) des Erblassers günstiger, während der güterrechtliche Weg bei einem starken Anstieg des Vermögens in der Ehezeit ohne Schenkungen und Erbschaften günstiger ist.