
Wechselmodell
1. Was bedeutet Wechselmodell ?
Beim Wechselmodell (auch Doppelresidenz genannt) wechselt das Kind entweder zwischen den Wohnungen der Eltern, oder es bleibt in der ehemals ehelichen Wohnung und die Eltern ziehen im Wechsel ein und aus. Jedenfalls ist das Betreuungsverhältnis gleich, sodass die klassische Aufteilung – einer erzieht das Kind und der andere arbeitet und zahlt Kindesunterhalt (Residenzmodell)- nicht besteht.
2. Rechtsprechung zur Einrichtung und Aufrechterhaltung
Da Wechselmodell Kooperationsbereitschaft von beiden Elternteilen voraussetzt, wird dieses meist Aufgrund gemeinsamer Entscheidung beider Elternteile praktiziert. Das Familiengericht kann auf Antrag eines Elternteils das Wechselmodell auch gegen den Willen des anderen Elternteils anordnen kann, wenn dieses dem Kindeswohl am besten entspricht (BGH 17, So heißt es im Leitsatz:
Eine gerichtliche Umgangsregelung, die im Ergebnis zu einer gleichmäßigen Betreuung des Kindes durch beide Eltern im Sinne eines paritätischen Wechselmodells führt, wird vom Gesetz nicht ausgeschlossen. Auch die Ablehnung des Wechselmodells durch einen Elternteil hindert eine solche Regelung für sich genommen noch nicht. Entscheidender Maßstab der Regelung ist vielmehr das im konkreten Einzelfall festzustellende Kindeswohl.
Nach dem BGH liegt die gerichtliche Anordnung des Wechselmodells jedoch regelmäßig nicht im Wohlverstandenen Interesse des Kindes, wenn das Verhältnis der Eltern erheblich Konflikt belastet ist. Die Rechtsprechung eröffnet den Weg zu einer Einzelfallentscheidung der Gerichte ob das Wechselmodell in der derzeitigen Situation dem Kindeswohl am besten entspricht. In der Folge wurden Wechselmodelle von höheren Gerichten teilweise abgelehnt, da die Kooperationsfähigkeit der Eltern nicht als ausreichend eingeschätzt wurde (OLG, 2018). Insbesondere bei bisher durchgeführten Wechselmodell (OLG, 2018) , oder ähnliche Betreuung durch die Elternteile (OLG, 2017) wurde das Wechselmodell gegen den Willen eines Elternteils angeordnet.
Die Anordnung eines Wechselmodells gegen den Willen eines Elternteils ist als Entscheidung über das Sorgerecht, sowie als Entscheidung über ein Umgangsrecht in Höhe von 50 % denkbar. Der BGH bevorzugt den Weg über das Umgangsrecht.
3. Praktische Ausgestaltung
Das Wechselmodell ist in Deutschland gesetzlich nicht geregelt, so können Kinder nur mit einem Hauptwohnsitz eingetragen werden und das Kindergeld nur an einen Elternteil ausgezahlt werden
4. Kindesunterhalt im Wechselmodell
Mögliche Vereinbarungen
Da bei einem praktizierten Wechselmodell sich die Eltern meist gut verstehen, treffen diese oft auch eine als fair empfundene Regelung bezüglich des Kindesunterhaltes. Dies ist oft sachgerecht, da der Kindesunterhalt die Kosten des Kindes (Essen, Wohnen, Kleidung, Sport…) decken soll, und diese individuell unterschiedlich anfallen. Denkbar sind beispielweise Essen und Wohnen trägt jeder selbst und für Sport und, Kleidung gibt es ein gemeinsames Konto auf dem beide monatlich einen vereinbarten Betrag einzahlen.
Ab wann liegt unterhaltsrechtlich ein Wechselmodell vor ?
Ein häufiger Streitpunkt ist, ob nicht der normale Kindesunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle geschuldet ist, da die Betreuung eines Elternteiles doch überwiegt. Die Gerichte gehen nur dann von einem Wechselmodell aus, wenn die Betreuung tatsächlich hälftig, oder zumindest annähernd, hälftig stattfindet. Zumindest bei einer Betreuung von 60/40 liegt kein Wechselmodell mehr vor und es besteht die alleinige Barunterhaltspflicht des weniger betreuenden Elternteils (BGH, 2005; BGH, 2014).
Berechnung des Kindesunterhaltes im Wechselmodell nach Rechtsprechung
Nach dem BGH soll der Lebensstandard des Kindes bei beiden Eltern gleich hoch sein, weswegen der Elternteil mit dem höheren Einkommen im Wechselmodell Kindesunterhalt an den anderen Elternteil zahlen muss. Der Unterhaltsbedarf richtet sich hierbei nach dem beiderseitigen Einkommen der Eltern und umfasst auch die infolge des Wechselmodells entstehenden Mehrkosten. Die Höhe der Unterhaltspflicht jedes Elternteils hängt von dem Verhältnis der Einkommen ab. Der Elternteil mit dem geringeren Einkommen kann für das Kind daher Unterhalt für das Kind vom anderen Elternteil erhalten (BGH 17).Kommt es zu keiner Verrechnung des Kindergeldes mit den gegenseitigen Unterhaltsansprüchen, ist es möglich die Auskehrung des Kindergeldes isoliert geltend zu machen (BGH 16).
Kann im Wechselmodell ein Elternteil den Unterhat für das Kind gegen den anderen Elternteil einklagen ?
Der Unterhaltsanspruch steht dem Kind zu. Da sich dieses nicht in Obhut eines Elternteiles befindet (§ 1629 Abs. 2 BGB), muss der Elternteil, der weniger Einkommen hat, eine Zustimmung oder Vollmacht vom anderen Elternteil erhalten. Erhält er diese nicht, kann er diese in einem vorgeschalteten Sorgerechtsverfahren erhalten.