1.Scheidung

Sind Deutsche- oder Schweizer Gerichte für eine Scheidung zuständig ?

Art. 3 Brüssel IIb …e sind die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig,

a) in dessen Hoheitsgebiet
i) beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
ii) die Ehegatten zuletzt beide ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten, sofern einer von ihnen dort noch seinen
gewöhnlichen Aufenthalt hat,
iii) der Antragsgegner seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat,
iv) im Fall eines gemeinsamen Antrags einer der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat,
v) der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn er sich dort seit mindestens einem Jahr unmittelbar
vor der Antragstellung aufgehalten hat, oder
vi) der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn er sich dort seit mindestens sechs Monaten unmittelbar vor der Antragstellung aufgehalten hat und Staatsangehöriger des betreffenden Mitgliedstaats ist, oder


b) dessen Staatsangehörigkeit beide Ehegatten besitzen.

Die örtliche Zuständigkeit innerhalb Deutschlands richtet sich nach § 122 FamFG, lebt keiner der Ehepartner in Deutschland ist das Amtsgerichts Berlin Schöneberg zuständig.

Wendet das Gericht deutsches- oder Schweizer Scheidungsrecht an ?

Für die Scheidungsvoraussetzungen gilt, die Rom III-VO. Dies auch wenn der Bezug zu dem Nicht-EU Staat Schweiz besteht (OLG, 2019). Paare können wählen, nach welchem Landesrecht sie geschieden werden möchten (Art.5 Rom III VO) . Wenn keine Rechtswahl getroffen wird, gilt das  Recht des Staates (Art. 8 Rom III VO):

  •  in dem die Ehegatten zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, oder anderenfalls
  • in dem die Ehegatten zuletzt ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten, sofern dieser nicht vor mehr als einem Jahr vor Anrufung des Gerichts endete und einer der Ehegatten zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder anderenfalls

Für das Unterhaltsrecht gilt insbesondere das Haager Protokoll 2007.

Nach Art 3 ist grundsätzlich das Recht des Staates anwendbar, in dem der Unterhaltsberechtigte lebt. 

Das internationale Güterrecht für Deutschland und 17 weitere EU-Staaten ist seit Januar 2019 durch die europäische Güterrechtsverordnung neu geregelt.

Nach Art.22 ist eine Rechtswahl möglich. Wenn keine erfolgt gilt oft Art. 26 nachdem das Recht des Staates gilt, in dem die Ehegatten nach der Eheschließung ihren ersten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben. Dies gilt nach Art 69 III für Ehen die nach dem 29.01.2019 geschlossen wurden.

Die gegenseitige Anerkennung von Scheidungsurteilen ?

Da keine internationalen Vereinbarungen zwischen Deutschland und der Schweiz existieren, müssen Scheidungsurteile im jeweils anderen Land anerkannt werden um dort in allen Bereichen Wirksamkeit zu  erlangen. Informationen über die Anerkennung Schweizer Scheidungsurteile in Deutschland gibt es hier, und Informationen über die Anerkennung von deutschen Scheidungsurteilen in der Schweiz hier.

2. Versorgungsausgleich

Was passiert mit Schweizer Rentenanwartschaften im Rahmen der Scheidung in Deutschland?

Das deutsche Familiengericht kann nicht auf die Zuordnung von Schweizer Rentenanwartschaften Einfluss nehmen, da für die Übertragung von Rentenanwartschaften nach Schweizer Recht ausschließlich Schweizer Gerichte zuständig sind (Art. 63 IV IPRG). Will der Ausgleichsberechtigte eine Übertragung der Rentenanwartschaften auf ihn erreichen, muss er ein Ergänzungsverfahren zur Ehescheidung vor Schweizer Gerichten beginnen.

Die ausländischen Versorgungsanwartschaften sind daher für das deutsche Gericht nicht ausgleichsreif (§ 19 I Nr. 4 VersAusglG). Das Gericht wird zunächst keinen Rentenausgleich durchführen. Die Rentenanwartschaften bleiben zunächst beim ursprünglichen Eigentümer. Erst wenn beide Ehepartner Rente erhalten, kann ein Antrag auf schuldrechtlichen Ausgleich (§ 20 VersAusglG) gestellt werden, dann verpflichtet das Gericht den Inhaber der Rentenanwartschaften den errechneten Teil seiner Rente monatlich in Geld an den anderen Ehepartner abzugeben.

Bei diesem Vorgehen besteht jedoch das Risiko, dass der Versorgungsausgleich nach der langen Wartezeit schlicht vergessen wird. Auch kann es, zum Beispiel, wenn der Ausgleichsverpflichtete vor Renteneintritt stirbt, zu Nachteilen für den Ausgleichsberechtigten kommen. In vielen Fällen kann dies durch Verrechnungen, oder Abfindungszahlungen (§ 23 VersAusglG) verhindert werden.

Link zu Ablauf der Scheidung in der Schweiz

In welcher Form entstehen Schweizer Rentenanwartschaften.

1. Säule: Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV)

Die 1. Säule ist die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV). Hierzu zählen auch die Invalidenversicherung (IV), der Erwerbsersatz während des Militärdienstes (EO) und bei Mutterschaft und die Arbeitslosenversicherung (ALV). Nähere Infos auf ch.ch. Ein Verzicht ist nach Schweizer Recht meist nicht möglich. Umgekehrt ist ein Ausgleich nach Schweizer Recht oft nicht möglich, wenn der Partner selbst nicht in der Schweiz lebt und daher kein eigenes AHV Konto hat.

2. Säule: Berufliche Vorsorge

Pflichtversichert sind alle Arbeitnehmer, die schon in der 1. Säule versichert sind und mindestens 21’150 Franken im Jahr verdienen (Stand: 2018). Bis zum Erreichen des 24. Altersjahres – decken die Beiträge nur die Risiken Tod und Invalidität ab. Ab dem 24. Altersjahr und bis zur Aufgabe der Erwerbstätigkeit wird zusätzlich für die Altersrente angespart. Nicht obligatorisch Versicherte können sich freiwillig versichern. Wenn nicht mehr bekannt ist, bei welcher Pensionskasse Guthaben liegt, kann dies bei der Verbindungsstellen für die zweite Säule nachgefragt werden.

3. Säule: Private Vorsorge

Die Säule 3 ermöglicht auf freiwilliger Basis eine individuelle, steuerbegünstigte Vorsorge für Erwerbstätige. Es wird zwischen 3a (gebundene Vorsorge) und 3b (ungebundene Vorsorge) unterschieden. Der Ausgleich hängt auch von Güterstand ab. Für weitere Informationen zur dritten Säule siehe “Die 3. Säule- die private Altersvorsorge

3. Unterhaltsrecht- Deutschland- Schweiz

Internationale Zuständigkeit

Die internationale Zuständigkeit richtet sich nach dem Luganer Übereinkommen, da die EU-Unterhaltsverordnung für die Schweiz nicht gilt. Nach dessen Art. 3 bzw. Art 5 I kann theoretisch  sowohl der Wohnort des Unterhaltsberechtigten, als auch der des Unterhaltsverpflichteten Gerichtstand sein.

Anwendbares Recht 

Beim Kindesunterhalt ist grundsätzlich das Recht des Landes anwendbar, in dem das unterhaltsberechtigte Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (Art. 4 des HUÜ),Art. 3 HUP 07) Hiervon sehen jedoch die verschiedenen Protokolle Ausnahmen vor (zur Frage welches anwendbar ist BGH, 2013 ) 

Kaufkraftausgleich beim Kindesunterhalt

Beim Kindesunterhalt mit Bezug zur Schweiz, geht es daher meist um die Situation, dass das Kind in Deutschland und der unterhaltsverpflichtete Elternteil in der Schweiz lebt und/oder arbeitet. Der Unterhaltsanspruch bemisst sich dann nach deutschem Recht. Neben der Währungsumrechnung sind hier jedoch die niedrigere Kaufkraft (bzw. die höheren Lebenshaltungskosten in der Schweiz zugunsten des Unterhaltsverpflichteten zu berücksichtigen. Zur Ermittlung des Kaufkraftunterschieds werden die vom Statistischen Amt der Europäischen Union  ermittelten Werte verwendet (BGH, 2014)

Der Kaufkraftausgleich erfolgt zusätzlich zur Währungsumrechnung. Der Umzug des Kindes von der Schweiz nach Deutschland stellt daher ein Abänderungsgrund nach  § 239 FamFG dar (OLG Hamm, 2017), sodass der Kaufkraftausgleich in diesem Fall durchgeführt wird.